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Doch wer macht sich stark für sie?

Aktualisiert: 18. Mai

Heute brachte eine Grossmutter ihren Enkelsohn zu uns in die Schule, um uns nach Rat zu fragen. Der Junge ist sieben Jahre alt und leidet seit seiner Geburt an Cerebralparese. Als er zu uns kam, trug er einen festen Halskragen, um seinen Kopf zu stabilisieren. Ich dachte deshalb es handelt sich um eine akute Halswirbelfraktur. Laut Grossmutter sei der Grund für den Halskragen jedoch die fehlende Kopfkontrolle des Jungen. Dies klingt im ersten Moment vielleicht sinnvoll, jedoch fördert es den Muskelabbau und somit die Kopfinstabilität des Jungen noch mehr. Wir entfernten den Halskragen und checkten seine Kopfstabilität. Diese ist zwar im Sitzen nicht komplett vorhanden, jedoch hat er zwischendurch Anzeichen von selbständiger Kopfkontrolle. Auch er macht in seinem Alltag nichts anderes als herumzuliegen.

 

Was mich an seinem Fall erneut stark mitgenommen hat, ist dass auch er von seinen Eltern abgelehnt wird. Es ist sehr häufig hier, dass Eltern Kinder mit einer Beeinträchtigung nicht möchten und nicht als ihre eigenen Kinder ansehen. Dies ist auch der Grund, weshalb er bei seiner Grossmutter lebt. Die Eltern schämen sich mit einem beeinträchtigten Kind in der Gesellschaft gesehen zu werden, weil sie auch heute noch stark verstossen werden. Es ist ihnen zum Beispiel oft auch nicht erlaubt mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs zu sein. Sie werden oft vom Busfahrer nicht akzeptiert und dürfen nicht mitfahren.

 

Es hat mich gefreut, dass er immerhin seine Grossmutter hat, die sich bestmöglich um ihn kümmert. Doch was heisst bestmöglich hier? Sie muss täglich arbeiten gehen und der Junge ist allein zuhause. Dort liegt er in einem Raum und hört Radio. Für mich unvorstellbar ein Kind auch nur ein Tag so allein zuhause zu lassen. Ohne Essen, Trinken, frisch machen nach dem Urinieren und Stuhlen und ohne irgendwelche Aktivitäten. Vorwurfsfrei der Grossmutter gegenüber. Auch sie kämpft mit dem Leben in Armut.

Anscheinend habe er oft auch Schlafprobleme. Diese werden zurzeit medikamentös behandelt. Ellen, von More Africa, hat mir erzählt, dass sie oft von Kindern mit Schlafproblemen hört. Auch wenn ich die Ursache dafür nicht abschliessend kenne, kann ich mir gut vorstellen, dass die fehlenden Reize und Aktivitäten im Alltag eine grosse Rolle spielen. Solche Kinder erleben nichts, was sie im Schlaf verarbeiten müssen.

 

Das die Situation des Jungen unzumutbar ist, war schnell klar. Ihm wurde deshalb ein Schulplatz bei More Africa angeboten. Da er jedoch weit weg wohnt, muss die Familie zuerst Transportmöglichkeiten klären. Natürlich würde er auch im Therapieprogramm inkludiert werden. Falls das tägliche Besuchen des Unterrichts nicht möglich ist, habe ich vorgeschlagen, dass er immerhin einmal wöchentlich zur Therapie kommen soll. Dann würde ich die Grossmutter instruieren und immer wieder Follow-Up’s durchführen. Auch heute habe ich sie bereits zur Heimtherapie instruiert. Ich hoffe fest, dass sie die Wichtigkeit erkennt und diese regelmässig durchführt.

 

Es bricht mir das Herz zu wissen, dass es noch ganze viele weitere Kinder in ähnlichen Situationen gibt. Doch wer macht sich stark für sie?

 
 
 

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